
Nummer 37 · 11. September 2021 Wochenblatt für den Mühlenkreis · Weserspucker
Gutachter empfehlen drei Standorte
Die Rahdener kennen es schon, dass ihr Krankenhaus kritisch unter
die Lupe genommen wird. Und in Bad Oeynhausen wird ebenfalls
über die Wirtschaftlichkeit und Synergien durch eine Zusammenführung
von Auguste-Viktoria-Klinik und Krankenhaus in einem Neubau
gesprochen. Nun kommt auch der Standort Lübbecke ins Spiel.
MINDEN-LÜBBECKE. Das Experten
Gutachten für die
Entwicklung der Mühlenkreiskliniken
(MKK) empfiehlt
auch einen neuen zentralen
Krankenhaus-Standort
für den Altkreis Lübbecke:
beispielsweise in Höhe
des Mittellandkanals.
Gespannt lauschten am
Montagnachmittag die Kreistagsmitglieder
den Ausführungen
der Gutachter des Büros
Lohfert & Lohfert. Die
Krankenhaus-Experten sollten
ein Konzept vorlegen, mit
dem die MKK für die kommenden
Veränderungen (etwa
neuer NRW-Krankenhausplan,
Fachkräftemangel,
Demografie, Kostendruck)
gerüstet sind und das ausreichend
Strukturveränderungen
vorsieht, um förderfähig
zu sein. Denn nur so hat
ein Förderantrag für die Zusammenlegungspläne
in Bad
Oeynhausen (Volumen 280
Millionen Euro, erwünschte
Fördersumme 210 Millionen
Euro) mehr Erfolgsaussichten
als der zuletzt abgelehnte.
Bis 15. November müsste
dieser neu mit einem umfassenden
Konzept unterlegte
Antrag gestellt werden.
Landrätin Anna Katharina
Bölling räumte ein, dass zu
wenig Zeit für einen echten
Beteiligungsprozess sei, man
wolle aber so viel Transparenz
und Beteiligung wie
möglich erreichen: etwa in
zwei Bürgerinformationsveranstaltungen
am 14. September
in Bad Oeynhausen und
am 16. September in Lübbecke.
„Auch wegen der Corona
Pandemie: Wir wissen
nicht,obwirnocheinmalFördergeld
für strukturelle Veränderungen
der
Krankenhäuser zur Verfügung
haben“, warb die Landrätin.
Dr. Axel Kaiser und Philipp
Letzgus von Lohfert & Lohfert
legten zunächst die wirtschaftliche
Entwicklung der
MKK der letzten Jahre (bewusst
ohne die Corona-Jahre)
dar. Wie andernorts auch
seien 2010 bis 2017 die Fallzahlen
gestiegen (bei den
MKK um plus 5 Prozent) und
dann bis 2019 leicht gesunken
(um 1,8 Prozent). Das Betriebsergebnis
habe 2016 bei
6,4 Millionen Euro gelegen,
2019 nur noch bei 600.000
Euro.
Aufgeschlüsselt auf die
Standorte nannte Kaiser sehr
unterschiedliche Ergebnisse:
Minden plus 4,8 Millionen
Euro, Bad Oeynhausen minus
1,25 Millionen Euro, AVK
plus 70.000 Euro, Lübbecke
plus 1 Million Euro und Rahden
minus 4 Million Euro.
Insbesondere das Wesling-
Klinikum und das Zentrum
für seelische Gesundheit in
Lübbecke würden das Konzernergebnis
nach vorne
bringen, führte Kaiser aus.
Starke Fall-Rückgänge in
den nächsten zehn Jahren
prognostizierten die Experten
vor allem für das Krankenhaus
Lübbecke (minus 12
Prozent) trotz starker Urologie
und positiven Tendenzen
in der Inneren Medizin und
für Rahden (minus 9,5 Prozent).
Neben der Wirtschaftlichkeit
nahmen die Gutachter
auch die Versorgungsrelevanz
in den Blick. Das Mindener
Klinikum mit seiner
universitären Maximalversorgung
sei unangefochten.
Das Krankenhaus Bad Oeynhausen
spiele in der Kurstadt
als Grundversorger eine
wichtige Rolle im Zusammenspiel
mit Herz- und Diabeteszentrum
und anderen
Kliniken. Im Altkreis Lübbecke
würde es ohne den Standort
Rahden ein Versorgungsproblem
im nördlichen Kreisgebiet
geben. Philipp Letzgus:
„Der weiße Bereich wäre
auffallend groß.“ Die
Fahrtzeiten bis zum nächsten
Krankenhaus würden für
zu viele Menschen die Richtzeit
von 20 Minuten übersteigen.
Würde das Lübbecker
Krankenhaus weiter
nördlich, etwa am Kanal, liegen,
würden fast alle Gebiete
in diesem 20-Minuten-Radius
liegen.
Auch weil es am Lübbecker
Krankenhaus einen großen
Sanierungsstau (130 Millionen
Euro) gibt und insgesamt
die Patientenfrequentierung
im Altkreis zurückgehen
werde, plädierten die
Experten für eine Zusammenlegung
mit dann 250 Betten.
Letzgus: „Eine Lösung
für das Lübbecker Land ist
zwingend erforderlich.“
Gleichzeitig sei es ebenfalls
geboten, in Bad Oeynhausen
eine Zusammenlegung beider
Häuser (Zielgröße 250
Betten) anzugehen. Dieses
„Szenario 1“ würde eine Verbesserung
des jährlichen Betriebsergebnisses
von 10 Millionen
Euro bringen, so die
Gutachter, Investitionskosten
allerdings nicht berücksichtigt.
Für das Rahdener
Gebäude könne sich eine
Nachnutzung als „interdisziplinäres
Gesundheitszentrum“
mit therapeutischen
Praxen, ambulanten OPs,
Kurzzeitpflege und der Rettungswache
anbieten.
Das Szenario 2 würde nur
den Neubau im Altkreis Lübbecke
umfassen, während
man in Bad Oeynhausen eine
Sanierung der beiden Häuser
wähle. Auch hier wäre noch
mit einer deutlichen Ergebnisverbesserung
zu rechnen.
Diese würde deutlich schmaler
ausfallen, wenn man mit
Szenario 3 in Bad Oeynhausen
neu baue, aber im Altkreis
Lübbecke alles so belasse.
Das Szenario null (keine
Veränderung) würde nach
Ansicht der Gutachter zur
Folge haben, dass eine Abwärtsspirale
beginnt: Durch
Auflagen könnten bestimmte
Leistungen nicht mehr angeboten
werden, Patienten
orientierten sich um, der extreme
Sanierungsbedarf
könnte nicht mehr gestemmt
werden, die kommunale Trägerschaft
geriete in Gefahr.
Im Anschluss bekundeten
die beiden MKK-Vorstände
Dr. Olaf Bornemeier und Dr.
Jörg Noetzel ihre Zustimmung
zu Szenario 1. Den hohen
Investitionskosten (für
den Lübbecker Neubau gibt es
noch keine Schätzung) würden
auch sehr hohe Sanierungskosten
an den bestehenden
Bauten gegenüberstehen.
Sie würden sich nicht nur
für einen Umzug des Krankenhauses
Lübbecke in einen
Neubau einsetzen, sondern
auch für den Mitumzug der
Psychiatrie. Der neue Standort
in Bad Oeynhausen müsse,
so lege es das Gutachten
eindeutig nahe, „Wand an
Wand“ mit dem HDZ gebaut
werden. fn
Verschiedene Szenarien
wären denkbar
Für Bad Oeynhausen schlägt das Gutachten einen abgespeckten Neubau des Krankenhauses (Foto) unter Einbezug der Auguste
Viktoria-Klinik vor. Entstehen soll er direkt neben dem HDZ. Foto: Mühlenkreiskliniken
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